Wohnhaus von Waldenfels, Marktredwitz
Sanierung und Umnutzung des 1777 erbauten Barockgebäudes zum Wohnhaus
Bauherr: Katharina Freiin von Waldenfels
Beauftragung: Direktauftrag
Bearbeitung: Peter Hilgarth, Michaela Kirschneck, Kristina Kulicke
Bauzeit: 2019 — 2021, fertiggestellt
Typologie: Wohnungsbau, Denkmalpflege
Mühlstraße 2, 95615 Marktredwitz, Deutschland
Das denkmalgeschützte Wohngebäude ist Ausdruck der Historie der Stadt Marktredwitz. Nach den vorliegenden Archivalien wurde dieses Einzeldenkmal ca. um 1777 errichtet. Im Laufe der Zeit wurden diverse Umbau- und Sanierungsmaßnahmen, sowie Instandhaltungsmaßnahmen durchgeführt. Nach längerem Leerstand sollte das denkmalgeschützten Gebäude wieder seiner ursprünglichen Nutzung als Wohngebäude zugeführt werden.
Baugeschichte und Situation
(Auszug aus dem Buchprojekt »DenkMal Hochfranken — Vorbildliche Sanierungen« Herausgegeben vom ArchitekturTreff Hochfranken 2022, von Enrico Santifaller, Gerhard Schlötzer, Gerhard Hagen) Das Weinlokal in der Mühlstraße 2, daran können sich „Rawetzer“ mittleren Alters gut erinnern, war ein Hotspot. Vor allem die in der ehemaligen Rauchkuchl eingerichtete, gemütliche Weinstube mit ihren Gewölben war cool. Da musste man hin. Als das an – aber außerhalb – der Stadtmauer gelegene Barockhaus mit dem großen Garten nach 160 Jahren im Familienbesitz zum Verkauf stand, erwarb es Katharina v. Waldenfels 2018, um es in Zusammenarbeit mit dem Architekten Peter Hilgarth zu sanieren und anschließend als Wohnhaus zu nutzen. Zielsetzung der Renovierung war, das Haus an moderne Nutzungsanforderungen anzupassen und gleichzeitig die vorhandene Bausubstanz weitgehend zu bewahren. Will man der Inschrift in der geohrten, granitenen Türumrahmung glauben, wurde das dreistöckige Gebäude mit dem Mansarddach 1777 errichtet. Mitte des 19. Jahrhunderts ging das Anwesen, zu dem früher auch Nebengebäude und ein Backofen gehörten, in das Eigentum einer Gerberfamilie über. Deren Nachfahren modernisierten das Haus Ende des 19. Jahrhunderts und passten es dem damaligen Zeitgeschmack an: Sie stellten die Heizung von barockzeitlichen Hinterladern auf Kachelöfen und sogar auf eine Art Zentralheizung um. Auch die im Stadtbild auffällige, dreigeschossige Balkonloggia mit den Jugendstilfenstern wurde angebaut, ungefähr zu der Zeit, als man auch einen Terrazzoboden im Erdgeschoss installierte und die Holzvertäfelung des später legendären Weinlokals anbrachte. Nach der Entfernung neuzeitlicher Anbauten und der Installation von Holzfenstern und Fensterläden in Anlehnung an historische Vorbilder präsentiert sich das äußere Erscheinungsbild des Hauses heute an seine Entstehungszeit im 18. Jahrhundert angelehnt, wobei auch die Loggia und die Haustüre aus dem 19. Jahrhundert erhalten und saniert worden sind. Im Inneren wird unter anderem die Haustechnik mit Fußbodenheizung und neuen Bädern an heutige Standards angepasst.
Die Bauherrin fasziniert, dass das Haus in seiner Grundstruktur mit dem tiefen Gewölbekeller, den Granittreppen und der Raumaufteilung über die Jahrhunderte kaum verändert wurde. Auch die barocken Stuckdecken im 1. Stock, die lichtdurchflutete Loggia mit den Originalfenstern oder die Jugendstil-Einbauten machen für sie den Charme und die Aufenthaltsqualität des Gebäudes aus. Bei der Renovierung bleiben die Spuren, die die Jahrhunderte in diesem Haus hinterlassen haben, erhalten. Der Grundriss wird nicht verändert. Und aus der ehemaligen Weinstube wird das Esszimmer.
Alle durchzuführenden Instandsetzungsmaßnahmen waren mit besonderer Sorgfalt vorzunehmen. Als erste Maßnahme wurden ein Rückbau neuzeitliBauteile und Einbauten durchgeführt. Alle ursprünglichen Oberflächen wie Stuckdecken und Dielenböden wurden freigestellt und behutsam restauriert. Eine Trockenlegung der nord-östlichen Außenwände war erforderlich. Die innere ursprüngliche Tragstruktur der einzelnen Bauteile wurde erhalten, mußte jedoch teilweise soweit verbessert werden, dass eine schadensfreie Nutzung möglich ist. Falls die originalen Konstruktionsteile sich als statisch unzulänglich und nicht ausreichend erweisen, sind entsprechende Ergänzungs- und Hilfskonstruktionen so gewählt, dass das Original möglichst wenig reduziert und verfälscht wurde. Während der Sanierung wurde das Gebäude eingerüstet. Risse und schadhafte Fugen im Mauerwerk wurden geöffnet, gesäubert, mit Zwickern eingepasst und so tief wie möglich kraftschlüssig ausgestopft. Tiefergehende, händisch nicht erreichbare Risse wurden gegebenenfalls mit Packern besetzt und kraftschlüssig verpresst. Die Art und die Zusammensetzung des Mauermörtels und des Verpressmaterials wurden dem Bestand möglichst genau angepasst. In breitere Risse mussten zusätzlich Rissbrücken eingebaut werden. Abreißende Mauerwerkspartien können mit Wandankern wieder in den Bestand eingebunden werden. So wird der innere Zusammenhalt der Konstruktionsteile gestärkt und die Aussteifung des Gebäudes sichergestellt.